Die Klagelieder Jeremias

Die Klagelieder Jeremias in der Elberfelder Übersetzung
Klage über Jerusalem, Entstehung 6.Jahrh. v.Chr.

Kapitel 3 von 5

1 Ich bin ein elender Mann, der die Rute seines Grimmes sehen muss.2 Er hat mich geführt und lassen gehen in die Finsternis und nicht in Licht.3 Er hat seine Hand gewendet wider mich und handelt gar anders mit mir für und für.4 Er hat mir Fleisch und Haut alt gemacht und mein Gebein zerschlagen.5 Er hat mich verbaut und mich mit Galle und Mühe umgeben.6 Er hat mich in Finsternis gelegt wie die, so längst tot sind.7 Er hat mich vermauert, dass ich nicht heraus kann, und mich in harte Fesseln gelegt.8 Und wenn ich gleich schreie und rufe, so stopft er die Ohren zu vor meinem Gebet.9 Er hat meinen Weg vermauert mit Werkstücken und meinen Steig umgekehrt.10 Er hat auf mich gelauert wie ein Bär, wie ein Löwe im Verborgenen.11 Er lässt mich des Weges fehlen. Er hat mich zerstückt und zunichte gemacht.12 Er hat seinen Bogen gespannt und mich dem Pfeil zum Ziel gesteckt.13 Er hat aus dem Köcher in meine Nieren schiessen lassen.14 Ich bin ein Spott allem meinem Volk und täglich ihr Liedlein.15 Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt und mit Wermut getränkt.16 Er hat meine Zähne zu kleinen Stücken zerschlagen. Er wälzt mich in der Asche.17 Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben; ich muss des Guten vergessen.18 Ich sprach: Mein Vermögen ist dahin und meine Hoffnung auf den HERRN.19 Gedenke doch, wie ich so elend und verlassen, mit Wermut und Galle getränkt bin!20 Du wirst ja daran gedenken; denn meine Seele sagt mir es.21 Das nehme ich zu Herzen, darum hoffe ich noch.22 Die Güte des HERRN ist`s, dass wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende,23 sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist gross.24 Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen.25 Denn der HERR ist freundlich dem, der auf sie harrt, und der Seele, die nach ihm fragt.26 Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen.27 Es ist ein köstlich Ding einem Mann, dass er das Joch in seiner Jugend trage;28 dass ein Verlassener geduldig sei, wenn ihn etwas überfällt,29 und seinen Mund in den Staub stecke und der Hoffnung warte30 und lasse sich auf die Backen schlagen und viel Schmach anlegen.31 Denn der HERR verstösst nicht ewiglich;32 sondern er betrübt wohl, und erbarmt sich wieder nach seiner Güte.33 Denn er nicht von Herzen die Menschen plagt und betrübt,34 als wollte er die Gefangenen auf Erden gar unter seine Füsse zertreten35 und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugen lassen36 und eines Menschen Sache verkehren lassen, gleich als sähe es der HERR nicht.37 Wer darf denn sagen, dass solches geschehe ohne des HERRN Befehl38 und dass nicht Böses und Gutes komme aus dem Munde des Allerhöchsten?39 Wie murren denn die Leute im Leben also? Ein jeglicher murre wider seine Sünde!40 Und lasst uns erforschen und prüfen unser Wesen und uns zum HERRN bekehren!41 Lasst uns unser Herz samt den Händen aufheben zu Gott im Himmel!42 Wir, wir haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen; darum hast du billig nicht verschont;43 sondern du hast uns mit Zorn überschüttet und verfolgt und ohne Barmherzigkeit erwürgt.44 Du hast dich mit einer Wolke verdeckt, dass kein Gebet hindurch konnte.45 Du hast uns zu Kot und Unflat gemacht unter den Völkern.46 Alle unsre Feinde sperren ihr Maul auf wider uns.47 Wir werden gedrückt und geplagt mit Schrecken und Angst.48 Meine Augen rinnen mit Wasserbächen über den Jammer der Tochter meines Volks.49 Meine Augen fliessen und können nicht ablassen; denn es ist kein Aufhören da,50 bis der HERR vom Himmel herabschaue uns sehe darein.51 Mein Auge frisst mir das Leben weg um die Töchter meiner Stadt.52 Meine Feinde haben mich gehetzt wie einen Vogel ohne Ursache;53 sie haben mein Leben in einer Grube fast umgebracht und Steine auf mich geworfen;54 sie haben mein Haupt mit Wasser überschüttet; da sprach ich: Nun bin ich gar dahin.55 Ich rief aber deinen Namen an, HERR, unten aus der Grube,56 und du erhörtest meine Stimme: Verbirg deine Ohren nicht vor meinem Seufzen und Schreien!57 Du nahest dich zu mir, wenn ich dich anrufe, und sprichst: Fürchte dich nicht!58 Du führest, HERR, die Sache meiner Seele und erlösest mein Leben.59 Du siehest, HERR, wie mir so Unrecht geschieht; hilf mir zu meinem Recht!60 Du siehst alle ihre Rache und alle ihre Gedanken wider mich.61 HERR, du hörest ihr Schmähen und alle ihre Gedanken über mich,62 die Lippen meiner Widersacher und ihr dichten wider mich täglich.63 Schaue doch, sie sitzen oder stehen auf, so singen sie von mir ein Liedlein.64 Vergilt ihnen, HERR, wie sie verdient haben!65 Lass ihnen das Herz erschrecken, lass sie deinen Fluch fühlen!66 Verfolge sie mit deinem Grimm und vertilge sie unter dem Himmel des HERRN.